🐾 Qualzucht – Wenn Liebe allein nicht reicht

Veröffentlicht am 29. Oktober 2025 um 08:18

Warum Aufklärung so wichtig ist, worauf wir achten müssen – und warum Hinschauen der erste Schritt zu echtem Tierschutz ist.

💔 Was ist eigentlich Qualzucht?

Der Begriff Qualzucht klingt hart – und das ist er leider auch.
Er beschreibt Zuchtformen, bei denen bestimmte Merkmale so extrem hervorgehoben werden, dass sie das Tier in seinem Wohlbefinden, seiner Gesundheit oder seinem Verhalten erheblich beeinträchtigen.

Diese Merkmale können sein:

  • zu kurze Nasen (z. B. bei Möpsen, Französischen Bulldoggen oder Perserkatzen)

  • zu lange Rücken (z. B. Dackel)

  • übermäßige Falten, zu enge Augenlider, deformierte Schädel, zu kurze Gliedmaßen

  • oder extreme Fell- und Farbvarianten, die zu Hautproblemen oder genetischen Defekten führen.

Kurz gesagt:
Zucht auf Äußerlichkeiten – statt auf Gesundheit.

Und das hat Folgen: Atemnot, Augenentzündungen, Gelenkprobleme, Herzfehler, chronische Schmerzen – und ein Alltag voller Einschränkungen.

Der Cavalier King Charles Spaniel gilt als freundlich und charmant – doch viele dieser Hunde leiden unter schweren Qualzuchtfolgen. Durch den extrem rund gezüchteten Kopf ist im Schädel oft zu wenig Platz für Gehirn und Nerven, was schmerzhafte neurologische Erkrankungen verursachen kann. 💔

⚖️ Was sagt das Gesetz dazu?

Im deutschen Tierschutzgesetz, § 11b, steht klar:

„Es ist verboten, Wirbeltiere zu züchten oder durch biotechnische Maßnahmen zu verändern, wenn dadurch Schmerzen, Leiden oder Schäden entstehen.“

Das heißt also: Qualzucht bzw. Defektzucht ist eigentlich verboten.
Aber – und hier liegt das Problem – die Umsetzung ist schwierig.

Warum?
Weil es kaum eindeutige, rechtlich anerkannte Grenzwerte gibt, ab wann eine Zucht „Qualzucht“ ist.
Viele Merkmale sind fließend – es gibt keine einheitlichen Prüfverfahren, und Verantwortlichkeiten liegen verstreut zwischen Behörden, Zuchtverbänden und Tierhaltern.

Das führt dazu, dass die Gesetze zwar existieren, aber selten konsequent durchgesetzt werden können.
Auch Tierärztinnen, Amtstierärztinnen und Zuchtvereine stehen hier oft vor einem rechtlichen und moralischen Dilemma.

📣 Wichtige Aufklärungskampagnen

Zum Glück gibt es inzwischen immer mehr Initiativen, die genau hier ansetzen – mit Aufklärung, Information und konkreten Handlungsempfehlungen.

👉 „Frei Schnauze – Qualzucht erkennen“
Eine großartige Kampagne der Stabsstelle der Landestierschutzbeauftragten Baden-Württemberg.
Sie erklärt anschaulich, woran man Qualzuchtmerkmale erkennt, wie man verantwortungsvolle Zucht unterstützt und warum Mitleid kein Kaufgrund sein darf.

👉 QUEN – Qualzucht-Evidenz-Netzwerk
Das Qualzucht-Evidenz-Netzwerk (QUEN) sammelt wissenschaftliche Daten und dokumentierte Fälle, um die Diskussion endlich auf eine fundierte Basis zu stellen.
Ihr Ziel: klare Kriterien, nachvollziehbare Bewertung und langfristig mehr Tierschutz durch Fakten.

Der Australian Shepherd ist beliebt für sein schönes Fell und seine Intelligenz – doch gerade der Merle-Farbschlag birgt Risiken. Das Merle-Gen kann zu schweren gesundheitlichen Problemen führen, darunter Blindheit, Taubheit und neurologische Störungen. 💔

📚 Lesetipps für alle, die wirklich verstehen wollen

Zwei Bücher, die ich jedem Tierfreund ans Herz legen möchte, stammen von Prof. Dr. Achim Gruber, Tierpathologe an der FU Berlin:

  • 🐾 „Das Kuscheltier-Drama“ – über das stille Leid vieler Heimtiere, vom Rassehund bis zum Kaninchen.

  • 🐾 „Geschundene Gefährten“ – über den ganz normalen Alltag in deutschen Wohnzimmern, Praxen und Zuchten – und warum wir alle Teil der Veränderung sein können.

Beide Bücher sind keine leichte Kost – aber sie öffnen die Augen. Und genau das brauchen wir.

🐶 Meine persönliche Geschichte

Ich weiß, wie schwer dieses Thema sein kann.
Ich selbst war viele Jahre Halterin einer sogenannten Qualzuchtrasse – ich hatte einen Mops, den ich über alles geliebt habe.

Damals war ich überzeugt: „Sie bekommt ja genug Luft, sie ist gesund, meine ist anders!“
Ich habe die gleichen Argumente benutzt, die so viele heute verwenden. Nicht aus böser Absicht – sondern aus Unwissenheit, Liebe und Angst, sich selbst Fehler einzugestehen.

Heute weiß ich mehr. Und ich weiß, dass Liebe allein nicht ausreicht, wenn ein Tier aufgrund menschlicher Zuchtziele leiden muss.
Ich werfe niemandem etwas vor, der ein solches Tier hält – im Gegenteil: Ich weiß, wie schwer der Spagat zwischen Liebe und Verantwortung sein kann.

Aber ich wünsche mir, dass wir alle hinschauen lernen.
Dass wir verstehen, was hinter den „süßen“ Nasen, den großen Augen und den kompakten Körpern steckt – und dass wir bereit sind, Verantwortung zu übernehmen.

Der Zwergspitz gilt als besonders niedlich und beliebt – doch die extrem kleinen Zuchtformen bringen oft ernsthafte gesundheitliche Probleme mit sich. Zu kurzer Fang, zu kleiner Körperbau und übermäßiges Fell führen häufig zu Atemnot, Kreislaufproblemen und Gelenkbelastung. 💔

❤️ Verantwortung bedeutet auch: handeln

Wenn du ein Tier hast, das unter Qualzuchtmerkmalen leidet, dann ist das kein Grund für Schuldgefühle, sondern für Verantwortung.
Das bedeutet:

  • Regelmäßige Tierarztbesuche, auch wenn’s teuer wird.

  • Bewusste Auswahl von Futter, Pflege, Auslastung und Umgebung.

  • Und vor allem: Keine Unterstützung solcher Zuchten – weder durch Nachzucht, noch durch unkritischen Kauf.

Nur wenn wir als Gesellschaft nicht mehr kaufen, was krank macht, hört auch das Züchten solcher Tiere irgendwann auf.

🕊️ Fazit: Wissen schafft Veränderung

Aufklärung ist kein Angriff – sie ist ein Liebesbeweis.
Denn wer Tiere liebt, schützt sie nicht nur mit dem Herzen, sondern auch mit dem Verstand.

Schau hin, frag nach, informiere dich – und trau dich, deine Meinung zu ändern, wenn du Neues lernst.
Das ist kein Widerspruch, das ist Wachstum und echter Tierschutz.

💜 Spitz³ steht für Liebe, Verantwortung und Bewusstsein – für Hunde, für Tiere, für mehr Menschlichkeit.

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